244. Kiezspaziergang: Vom Georg-Kolbe-Museum zur Abhöranlage auf dem Teufelsberg

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour

Herzlich willkommen zu einem ganz besonderen 244. Kiezspaziergang, der diesmal kein wirklicher Spaziergang ist, sondern in diesem Monat machen wir unsere 1. Kiezfahrradtour.

Aktuell läuft auch wieder der Wettbewerb „Stadtradeln“, bei dem es darum geht, 21 Tage lang möglichst viele Alltagswege klimafreundlich mit dem Fahrrad zurückzulegen. Jeder Kilometer, der während der dreiwöchigen Aktionszeit mit dem Fahrrad zurückgelegt wird, kann online ins Kilometer-Buch eingetragen oder direkt über die STADTRADELN-App getrackt werden. Wer will, kann also unsere Radtour im Nachgang noch eintragen.
Für uns geht es heute durch den Grunewald bis zum Ökowerk. Auf dem Weg erwartet uns eine kleine Überraschung – ein wahres Highlight!!!

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Gorg-Kolbe-Museum

1. Georg-Kolbe-Museum/Georg-Kolbe-Atelierhaus

Georg Kolbe (1877-1947) zählt zu den bedeutendsten Bildhauern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine idealisierten Aktplastiken sind Ausdruck intensiver Beschäftigung mit der Darstellung des modernen Menschen. Der künstlerische Durchbruch gelang ihm 1911 mit seiner Plastik „Tänzerin“.
Grund für die Wahl dieses Ortes seines Ateliers war die Nähe zum Friedhof Heerstraße, wo seine im Vorjahr mit 45 Jahren verstorbene Ehefrau Benjamine begraben liegt. Auch Georg wurde dort nach seinem Tod begraben.

Das Georg-Kolbe-Museum befindet sich im ehemaligen Atelierhaus des Bildhauers.
Das heutige Museum 1928-29 ließ er sich von Ernst Rentsch in der Tradition des Neuen Bauens errichten. Kolbe hatte testamentarisch verfügt, dass der größte Teil seines Nachlasses in eine private Stiftung übergehe sollte, die noch heute Trägerin des Museums ist. Das neben dem Atelierhaus erbaute zweite Gebäude wurde im Juni 1929 von Kolbes Tochter Leonore und ihrer Familie bezogen. Neben Wohnräumen beherbergte es auch ein Atelier für ihren Mann Kurt von Keudell, der sich als Maler betätigte. Es beherbergt heute das nach Georg Kolbes Ehefrau Benjamine benannte Museumscafé sowie Arbeitsräume und die Bibliothek des Museums.

Nach den ersten beiden Jahrzehnten der Museums­nutzung zeigte sich, dass die Räumlichkeiten des ehemaligen Atelierhauses nicht mehr ausreichend Ausstellungsfläche boten. So wurde, durch die Berliner Architektengemeinschaft AGP*, ein dreigeschossiger Anbau realisiert. Um den nötigen Platz zu schaffen wurde das ehemalige Tonatelier von Paul Linder abgerissen, das Atelierhaus von 1928 blieb weitgehend erhalten. In seiner Gestaltung nimmt sich der Neubau durch klare Formen und die helle Fassade aus afrikanischem Sandstein zurück. Seit 1995 dient er als Ausstellungsfläche auf zwei Etagen und beherbergt zusätzlich ein dem modernen Museumsbetrieb angemessenes Depot und einen barrierearmen Zugang durch einen Aufzug.

Mitte der 2010er-Jahre wurde mit einer dringend notwendig gewordenen Grundsanierung des inzwischen fast 90 Jahre alten historischen Gebäudeensembles begonnen. Diese erfolgte in mehreren Etappen in den Jahren 2016-2021. Die Sanierung wurde anhand historischer Pläne mit dem auf Denkmalsaufgaben spezialisierten Architekturbüro Winfried Brenne durchgeführt und durch die Stiftung Deutsche Klassenlotterie und das Landesdenkmalamt Berlin ermöglicht. Seit 2021 erstrahlt das Museum samt Café und Garten in neuem Glanz, der den Originalcharakter des heute denkmalgeschützten Ensembles würdigt und nachhaltig betont.

Im Zentrum der Sammlung stehen das Werk Kolbes sowie einige Arbeiten seiner Bildhauerkollegen wie Renée Sintenis, Richard Scheibe oder Karl Schmidt-Rottluff. Seit 1950 ist das Haus für die Öffentlichkeit zugänglich. Seit 1978 erhält das Museum Subventionen des Landes Berlin. Eine Bedingung dafür war, dass das Haus nicht nur einen einzigen Künstler präsentiert. Es kam zu Neuerwerbungen von Künstlern aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Kernthemen des Museums sind die Klassische Moderne im Medium der Bildhauerei mit einem besonderen Augenmerk auf die Bildhauerinnen dieser Zeit. Tanz und die Fotografie, die Architektur des Neuen Bauens und insbesondere die Erforschung von Georg Kolbes Wirken während des Nationalsozialismus haben zudem einen hohen Stellwert in der Museumsarbeit.

1.2 Sensburger Allee / Herkunft des Namens

Wir stehen hier an der Sensburger Allee. Die Stadt Sensburg oder heute Mragowo liegt etwa 60 Kilometer östlich der Stadt Allenstein (polnisch: Olsztyn) am Rand der Masurischen Seenplatte im früheren Ostpreußen. Um 1348 errichtete der Deutsche Orden dort eine hölzerne Burg mit dem Namen Sensburg. Im 15. Jahrhundert erhielt der Ort um die Burg das Stadtrecht. Die Lebensgrundlage für den Ort lieferten vor allem die umliegenden Wälder sowie die Landwirtschaft. Während des 16. und 17. Jahrhunderts zerstörten mehrfach Brände die Stadt. 1657 gab es eine Pest- und von 1708 bis 1711 eine Cholera-Epidemie. Während der Napoleonischen Kriege mit Russland wurde der Ort abermals zerstört. Im Januar 1945 wurde die Stadt von der Roten Armee eingenommen und im Mai 1945 unter polnische Verwaltung gestellt. 1947 wurde die Stadt umbenannt. Sie heißt jetzt Mragowo, nach dem evangelischen Pfarrer und Sprachforscher Christoph Cölestin Mrongovius, der von 1764 bis 1855 gelebt hat. Heute ist die Stadt mit ihrer Umgebung ein beliebtes Touristenziel.

Für uns geht nun die Radtour los und wir treffen uns am Georg-Kolbe-Hain.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Gorg-Kolbe-Hain

2. Georg-Kolbe-Hain

Der Georg-Kolbe-Hain wurde ab 1915 auf einem von der Bebauung ausgesparten Forststreifen errichtet. Richard Köhler gestaltete ihn 1921 als öffentliche Anlage, 1929 wurde sie durch den Gartendirektor Felix Buch zum Heidepark umgestaltet. Den Namen Georg-Kolbe-Hain erhielt sie 1957.
1959 und 1961 bis 1964 wurden hier insgesamt fünf überlebensgroße Bronzeskulpturen von Georg Kolbe aufgestellt. Es sind Erstgüsse nach hinterlassenen Gipsmodellen, die im Georg-Kolbe-Museum stehen. Sie wurden alle während der Zeit des Nationalsozialismus entworfen und erst nach dem Tod des Künstlers von der Gießerei Noack gegossen. Vor uns sehen wir die Skulptur „Große Kniende“, die 1942 von Kolbe geschaffen wurde.

Eine weitere Plastik heißt zum Beispiel „Dyonisos“. Sie entstand zwischen 1931 und 1936. Dyonisos ist der griechische Gott des Weines, der Freude und der Ekstase. Sowohl die Griechen als auch die Römer nannten ihn auch Bacchus (deutsch: Rufer), da sein Gefolge sehr lautstark war.

Außerdem finden sich die Skulpturen „Ruhende Frau“, entstand zwischen 1931 und 1941, die „Mars und Venus“ (1939/40), „Großer Schützender“ (1940/42). Wenn wir jetzt ein kleines Stück durch den Georg-Kolbe-Hain fahren, werden Sie die ein oder andere Plastik bestimmt entdecken.

Wir fahren jetzt weiter zur Rumänisch-Orthodoxe Kirche an der Heerstraße.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Rumänisch-Orthodoxe-Kirche

3. Rumänisch-Orthodoxe Kirche

Die rumänisch-orthodoxe Gemeinde “Die Heiligen Erzengel Mihail und Gavriil” erwarb das Grundstück im Januar 2006. Der Grundstein für den Kirchenbau wurde am 13. Mai 2006 gelegt. Teile des alten Hauses wurden dafür abgerissen. Der Kirchenneubau des rumänischen Architekten Gheorghe Bratiloveanu orientiert sich an der mittelalterlichen Kirchenarchitektur Moldawiens. Das Kirchenschiff mit einer Länge von 23 Metern und einer Breite von 15 Metern bietet 200 Personen Platz. Der Kirchturm ist 27 Meter hoch.

Während des Zweiten Weltkrieges hatte die rumänisch-orthodoxe Kirche in Berlin-Mitte die Jerusalemkirche an der Jerusalemer Straße Ecke Lindenstraße erworben. Diese wurde durch einen Bombentreffer im Februar 1945 stark zerstört und 1961 abgerissen. Danach hatte die Gemeinde als Untermieterin der griechisch-orthodoxen Gemeinde eine Kapelle in Kreuzberg genutzt.
Bei einem Dacheinsturz am 4. August 2009 wurden der 49-jährige Pfarrer Constantin Mihoc und ein 36-jähriger Mann aus Rumänien unter den Trümmern begraben.

Wir fahren jetzt die Heerstraße hoch zum S-Bahnhof Heerstraße.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - S Heerstraße

4.1 Bahnhof Heerstraße

Das Empfangsgebäude wurde von Ernst Schwartz (1855-1934) entworfen. Eröffnet wurde der Bahnhof am 1. November 1909 zunächst den dampfbetriebenen Vorortverkehr.
Der Haltepunkt wurde 1908/1909 an der Vorortstrecke Charlottenburg-Spandau errichtet, zur Erschließung der dort geplanten Villenkolonie. Nachdem die Station zunächst ein Randdasein gefristet hatte, wurde sie durch die attraktive, breite Straßenverbindung in die Berliner Innenstadt später gelegentlich für Staatsempfänge genutzt. Am 11. Mai 1925 traf der neugewählte Reichspräsident Paul von Hindenburg hier, mit einem Sonderzug aus Hannover kommend, in Berlin ein und wurde vom Reichskanzler Hans Luther empfangen. Am 27. September 1937 empfing dort der nationalsozialistische Diktator Adolf Hitler mit einer minutiös geplanten Inszenierung den italienischen Führer der faschistischen Bewegung Benito Mussolini und fuhr mit ihm über die martialisch geschmückte Ost-West-Achse zur Reichskanzlei.
Im Rahmen der Planung für den Umbau Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ sollte das Empfangsgebäude abgerissen und durch einen, von Theodor Dierksmeier entworfenen, repräsentativen – „Mussolini-Bahnhof“ genannten – Empfangsbahnhof für Staatsgäste ersetzt werden. Diese sollten von dort über die Ost-West-Achse nach Berlin geleitet werden, für die ein monumentaler Ausbau geplant war. Aufgrund der hohen Kosten und des bald darauf erfolgten Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs kam der Umbau nicht über die Planungsphase hinaus. Anlässlich und nur für die Zeit der Olympischen Spiele 1936 wurde in der Nähe ein provisorischer Bahnhof für die „KdF-Stadt“ angelegt, die sich auf dem heutigen Messegelände an der Wandalenallee befand. In der aus Holzhäusern errichteten Siedlung wurden die zahlreichen Olympiagäste empfangen und erhielten günstige Unterbringungs- und Verpflegungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe des Olympiastadions. Der provisorische Bahnhof wurde über ein Gleis erreicht, das von den Ringgütergleisen nördlich von Westkreuz abzweigte und in einem großen Bogen zum Messegelände führte. Dieses sogenannte „Messegleis“ war schon 1928 bei der Neugestaltung der Bahnanlagen in diesem Bereich angelegt worden und existiert auch heute noch in leicht veränderter Form.

Am 4. Juli 1944 wurde der Reformpädagoge und Widerstandskämpfer Adolf Reichwein auf dem Weg zu einem konspirativen Treffen mit Führern der KPD zur Vorbereitung des Attentates vom 20. Juli auf dem Bahnhof Heerstraße von der Gestapo verhaftet.

Das Empfangsgebäude wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und 1958–1959 verändert wiederaufgebaut.

Ende September 1980 wurde nach dem Berliner S-Bahn-Streik der S-Bahn-Verkehr nach Staaken eingestellt und der Haltepunkt geschlossen. Am 25. Mai 1984 erwachte diese Station kurzzeitig wieder zu Leben: Auf ihm fand ein S-Bahn-Tag statt. Zur Wiedereröffnung der Strecke am 16. Januar 1998 wurde der Haltepunkt erneut umgebaut und erhielt seine heutige Form.

4.2 Heerstraße

Die Heerstraße, an dem sich der Bahnhof befindet, ist mit 10,78 Kilometern eine der längsten Straßen Berlins und eine wichtige Ausfallstraße nach Nord-Westen in Richtung Hamburg. Sie führt vom Theodor-Heuss-Platz durch Charlottenburg und Spandau und mündet an der Berliner Stadtgrenze in die Hamburger Chaussee.
Der Charlottenburger Teil der Straße wurde 1874 als Chaussee von Charlottenburg nach Pichelsberg angelegt. Seit 1903 wurde die Straße ausgebaut und zu einem Teil der großen Ost-West-Verbindung vom Berliner Schloss zum Truppenübungsplatz in Döberitz. 1911 wurde sie in Anwesenheit Kaiser Wilhelm II. als Döberitzer Heerstraße feierlich dem Verkehr übergeben. Auf dem Truppenübungsplatz Döberitz wurden damals an Stelle des früheren Übungsplatzes auf dem Tempelhofer Feld die Paraden der Garderegimenter abgehalten. Die Nationalsozialisten machten aus der Verbindung eine durchgängige Ost-West-Achse und der Architekt Albert Speer entwarf die Kandelaber für die Straßenbeleuchtung.
Bis zum 24. Januar 1966 verkehrten auf der Heerstraße Straßenbahnen. Die ehemalige Straßenbahntrasse ist heute auf der nördlichen Seite der Heerstraße zwischen Theodor-Heuss-Platz und Stößenseebrücke als Grünstreifen erhalten. In diesem Bereich befindet sich auf der südlichen Seite ebenso ein etwas schmalerer Grünstreifen. Jenseits beider Streifen befindet sich jeweils eine zweistreifige Parallelstraße, die vor allem zum Parken der Anlieger und von Radfahrern genutzt wird.
An der Heerstraße liegen die Siedlung Heerstraße, der Britische Soldatenfriedhof Berlin und der Jüdische Friedhof Heerstraße/Scholzplatz und natürlich beginnt auch südlich der Heeerstraße der bis nach Wannsee reichende Grunewald.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Heerstraßenbrücke

4.3 Heerstraßenbrücke

Die Heerstraßenbrücke überquert im Zuge der Heerstraße die Gleisanlagen der Fernbahn Berlin-Hamburg und der S-Bahn. Sie wurde 1910 erbaut, entsprach aber am Ende des 20. Jahrhunderts nicht mehr den Anforderungen des stark gestiegenen Verkehrs und wurde deshalb von 1994 bis 1996 neu erneuert und vergrößert. Sie hat eine Länge von 51 Metern und eine Breite von 50 Metern. In ihrer Gestaltung wurde die neue Brücke mit Granitpylonen und einem schmiedeeisernen Ziergeländer dem Altbau nachempfunden. Insgesamt gibt es neun Fahrspuren und einen Mittelstreifen mit Bushaltestellen, auf beiden Seiten Fahrradwege und Bürgersteige. Da die Brücke schräg zu den Bahngleisen verläuft, sind die Brückengeländer auf beiden Seiten weit gegeneinander versetzt. Am Südwestrand der Brücke befindet sich die Empfangshalle des S-Bahnhofs Heerstraße.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Marth-Jacob-Platz

4.4 Martha-Jacob-Platz

Der bis dahin namenlose Platz am S-Bahnhof Heerstraße an der Soldauer Allee Ecke Teufelsseestraße und Boyenallee wurde am 7. August 2014, im Beisein ihrer Tochter Hazel Shore nach der deutschen Sportlerin Martha Jacob benannt.
Martha Jacob wurde am 7. Februar 1911 in Berlin geboren und starb am 13. September 1976 in Kapstadt. Die Deutsche Speerwurfmeisterin war Mitglied des SC Charlottenburg sowie von Bar Kochba (heute TuS Makkabi) und von 1924 bis 1928 auch Mitglied des Berliner Sport-Clubs. Sie gehörte zu den jüdischen Sportlerinnen, die in den 1920er und 30er Jahren die deutsche Leichtathletik mit hervorragenden Leistungen prägten, unter der NS-Herrschaft jedoch diskriminiert und verfolgt wurden.
1932 trainierte sie die britischen Leichtathletinnen. 1933 wurde sie als Jüdin aus dem Sport-Club Charlottenburg ausgeschlossen und emigrierte nach London, 1936 weiter nach Südafrika. Ihr zu Ehren wurde im November 2006 im Mommsenstadion eine Tafel zum Gedenken an jüdische Sportlerinnen und Sportler im Sportclub Charlottenburg 1933-1945 enthüllt. Der SCC vertrieb nach der Aufnahme des „Arierparagraphen“ in seine Satzung 1933 mehr als ein Drittel seiner Frauenabteilung.
Der Martha-Jacob-Platz liegt in der Nähe, des Mommsenstadions, der Julius-Hirsch-Sportanlage und des Olympiageländes. Er erinnert an eine bedeutende deutsche Sportlerin und daran, wie die Nationalsozialisten mit ihrer verbrecherischen Politik gerade auch dem Sport schweren Schaden zugefügt haben.

Wir fahren jetzt die Teufelsseestraße entlang und biegen links in die Soldauer Allee ab und treffen uns am Soldauer Platz.

5.1 Soldauer Platz

Benannt wurde er am 8. August 1921 nach Soldau, der südlichsten ostpreußischen Stadt im Kreis Neidenburg, heute Woiwodschaft Warminsko-mazurskie, Polen. Die Häuser mit den Nummer 1 – 4 gehören zu der denkmalgeschützten Gesamtanlage Siedlung Heerstraße.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Siedlung Heerstraße

5.2 Siedlung Heerstraße

Die hier angrenzende Siedlung ist hauptsächlich mit Reihen- und Doppelhäusern bebaut und zeichnet sich durch den reichlich erhaltenen Baumbestand (hauptsächlich Kiefern) aus. Durch diesen und die schmalen Siedlungsstraßen bewahrt sie sich am Rande der westlichen City Berlins eine ländliche Atmosphäre. Gleichzeitig hat sie eine sehr gute Verkehrsanbindung über den S-Bahnhof Heerstraße, an dem neben der S-Bahn auch mehrere Buslinien halten. Die Siedlung südlich der Heerstraße zwischen dem S-Bahnhof Heerstraße, der Teufelsseestraße, Waldschulallee und der S-Bahn-Trasse steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Dazu gehören die Boyenallee, Soldauer Allee und Soldauer Platz, Lötzener Allee, Neidenburger Allee, Kurländer Allee, Marienburger Allee und Waldschulallee.
Die ältesten Häuser im Bereich der heutigen Siedlung stammen bereits von 1909. Es handelt sich hierbei um Häuser in der Boyenallee 1a bis 4, die von der Preußischen Staatsbahn direkt am Bahnhof Heerstraße errichtet wurden.
1914 wurde aus einem Teil des Gutsbezirkes Grunewald-Forst der Gutsbezirk Heerstraße gebildet. Er kam 1920 zu Groß-Berlin.
1920-26 wurde von der Gemeinnützigen Baugesellschaft Berlin-Heerstraße mbH nach einem Bebauungsplan von Bruno Möhring die Gartenstadtsiedlung “An der Heerstraße” angelegt und ebenso wie die Siedlungen Eichkamp und Ruhleben mit ein- und zweigeschossigen Häusern nach Plänen von Max Taut und Frank Hoffmann bebaut. Die Häuser mit den insgesamt 250 Wohnungen der Siedlung Heerstraße wurden von den Architekten Helmcke, Josef Feldhuber und Curt Gorgas entworfen. Ziel war die Schaffung von Eigenheimen für Angestellte und Beamte. Die idyllische Siedlung mit den Hausgärten ähnelt einer Gartenstadt.
Die Siedlung Heerstraße samt den beiderseits der Heerstraße verlaufenden Alleen wird wegen ihrer Straßennamen auch “Ostpreußenviertel” genannt.
Prominente Bewohner waren zum Beispiel Dietrich und Karl Bonhoeffer (Marienburger Allee 43), Schauspieler Gustav Fröhlich (Kurländer Allee 1) oder Schauspielerin Lilian Harvey (Kurländer Allee 55).

Wir fahren weiter die Lötzener Allee hinunter bis zur Kreuzung Waldschulallee.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Wald-Oberschule

6.1 Wald-Gymnasium/Oberschule

Die ehem. Wald-Oberschule wurde 1910 als Sonderschule für erholungsbedürftige Kinder gegründet. Der Schulbetrieb fand in Holzbaracken oder im Freien statt und beschränkte sich auf das Sommerhalbjahr. Wilhelm Krause, seit 1921 an der Schule, betrieb als Direktor die Umwandlung in eine Ganztagsschule mit Aktivitäten der “Waldschulfamilie” außerhalb der Unterrichtszeit. Ab 1928 gab es die mittlere Reife, ab 1936, nach der Erweiterung zur Oberrealschule, das Abitur.

Am 6. Juni 1945 eröffnete die Wald-Oberschule, nachdem die Baracken im Zweiten Weltkrieg für militärische Zwecke genutzt und schwer verwüstet worden waren, in ihrer heutigen Form als normale, allen Kindern offenstehende Schule mit Halbtagsbetrieb.
Ab 1956 wurden in knapp 20 Jahren, die seit der Gründung der Schule charakteristischen Holzbaracken, durch ebenerdige Steinhäuser ersetzt. Der Bau einer neuen Turnhalle, eines Verwaltungsgebäudes und, nach Einführung der reformierten Oberstufe 1973, eines großen zweistöckigen Oberstufengebäudes folgte. Erhalten blieb das weitläufige Parkgelände mit hohen alten Bäumen und ausgedehnten Rasenflächen.
An der Wald-Oberschule steht die Skulptur “Laokoon” mit der Laokoon-Gruppe von Volkmar Haase.

Am 4. November 2010 wurde der Erweiterungsbau für Naturwissenschaften übergeben, der mit Mitteln aus dem Konjunkturprogramm II in einer Bauzeit von ca. 12 Monaten realisiert werden konnte. Damit ist jetzt auch ein barrierefreier Zugang gewährleistet. Es gab vier neue Unterrichtsräume für Chemie, Biologie und Physik und Sanitärräume.

6.2 Wald-Grundschule

Die Gründung der Waldschule geht auf die 1904 von Stadtschulrat Hermann Neufert und dem Kinderarzt Prof. Dr. Bendix verfasste Schrift “Gründung einer Waldschule für Gemeindeschulkinder” zurück.
Am 1. August 1904 nahm sie ihren Betrieb mit 95 Kindern und vier Lehrern auf. Zunächst befand sie sich in einer Schul- und einer Wirtschaftsbaracke am Sachsenplatz (dem heutigen Brixplatz). Bald wurde das Gebäude zu klein und man zog 1905 auf ein Gelände am Spandauer Damm zwischen Park Ruhwald und Krankenhaus Neuwestend (heutiges Kleingartengelände) um.
1910 stellte die Stadt Charlottenburg 60.000 Quadratmetern am heutigen Standort zur Verfügung. Die Holzhäuser wurden abgebaut, dorthin verlegt und wiedererrichtet. Hier wurden 260 Schüler von einem Rektor und neun Lehrern bzw. Lehrerinnen unterrichtet.
Ziel des Schulbesuchs war es, gesundheitlich angegriffenen Kindern (aufgrund des Mangels an frischer Luft und Bewegung) durch ärztliche Betreuung und den Aufenthalt an der frischen Luft eine Verbesserung und Stabilisierung ihrer gesundheitlichen Verfassung zu ermöglichen. Somit sollte erreicht werden, dass sie in ihren Stadtschulen weiter unterrichtet werden konnten, ohne ständig krank zu sein. Die Kinder wurden von Schulärzten ausgesucht und von Krankenschwestern betreut.
Bis zum Ersten Weltkrieg war die Schule eine reine Sommerschule (Ostern bis Weihnachten). Ab 1918 war sie eine ganzjährig geöffnete Ganztagsschule. 1928 begann der Ausbau der Waldschule in dem damals zeitgemäßen Pavillonstil. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die bei Bombenangriffen beschädigten Häuser repariert. Deshalb wurden die alten Holzhäuser abgerissen und Neubauten errichtet. Inzwischen war die Waldschule zu einer gewöhnlichen Grundschule mit einem Einschulungsbezirk geworden.
Ab 1950 bis Anfang der 70er Jahre erfolgte durch das Hochbauamt Charlottenburg die bauliche Instandsetzung der Waldschule in Verbindung mit der Modernisierung und Erweiterung durch Steinbauten. 1968 erhielt die Wald-Volksschule offiziell den Namen “Wald-Grundschule”.
Die Wald-Grundschule liegt in einem großen Waldgelände am Beginn des Forstes Grunewald und ist auf sechs pavillonartige Schulgebäude verteilt. Zur Schule gehören eine große Sporthalle, zwei große Spielplätze, ein Schulgarten mit Teich, zwei Bolzplätze und zwei Freiluftklassen. Zur Schulanlage gehören außerdem das Verwaltungsgebäude, die Turnhalle, sowie ein großer Musiksaal mit Bühne. Das Gelände umfasst mindestens eine Fläche von 33.000 Quadratmetern.

Wir fahren jetzt die Waldschulallee entlang bis an der Ecke zur Teufelsseechaussee und treffen uns am dortigen Parkplatz.

7.1 Grunewald

Da wir uns hier schon am Rand des Grunewalds befinden, erzähle ich Ihnen schon hier etwas über den Wald.
Der Grunewald ist ein rund 4.500 Hektar großes Waldgebiet im Südwesten unseres Bezirks und im Nordwesten des Bezirkes Steglitz-Zehlendorf. Seine nördliche Hälfte gehört größtenteils zu Wilmersdorf und macht knapp die Hälfte der ehemaligen Bezirksfläche aus.

Das beliebte Berliner Ausflugsgebiet erstreckt sich südlich der Heerstraße und wird im Westen durch die Havel begrenzt. Im Süden teilt die Bezirksgrenze zu Steglitz-Zehlendorf den Forst, im Osten bilden die Ortsteile Schmargendorf und Grunewald sowie die Siedlung Eichkamp und die Heerstraße die Begrenzung. Im Ostteil wird der Forst von Nordost nach Südwest von der AVUS und der S-Bahntrasse geteilt. Am Havelufer im Westen verläuft in derselben Richtung die Havelchaussee in den Forst.

Das Gelände hieß früher “Teltowsche Heide”. Der Name “Grunewald” geht auf das 1542 von Caspar Theyß für Kurfürst Joachim II. errichtete Jagdschloss “Zum grünen Walde” zurück. Das Jagdschloss Grunewald gehört heute zum Bezirk Steglitz-Zehlendorf.

Als die Industrialisierung Berlin in eine dicht bewohnte Mietskasernenstadt verwandelte, ließen begüterte Berliner einige Teile des Waldes abholzen, um die Villensiedlungen zu errichten.

Schwere Zerstörungen richtete der Zweite Weltkrieg an. 44% des Baumbestandes wurden vernichtet. Nur etwa 350 Eichen aus dem 18. Jahrhundert zeugen vom ursprünglichen Zustand des Waldes, der heute insgesamt unter Landschaftsschutz steht. Der Bund Deutscher Forstleute BDF hat den Grunewald zum Waldgebiet des Jahres 2015 erklärt, denn hier gelinge es besonders gut, die hohe Besucherzahl von bis zu 100 Millionen Waldspaziergängern pro Jahr mit Naturschutz und Forstnutzung in Einklang zu bringen.

7.2 Postfenn

Das Postfenn liegt in einer Senke des westlichen Grunewaldgrabens. Es entstand durch die Verlandung eines eiszeitlichen Sees und ist ein nährstoffarmes, saures Kesselmoor mit 6 und 11 Meter tiefen Torfschichten. Im 18. Jahrhundert wurde hier Torf abgebaut. Zur Entwässerung der 5 Torfstiche wurde ein Graben zur Havel angelegt, der parallel zur Straße Am Postfenn verlief. Durch die Inbetriebnahme des Wasserwerkes am Teufelssee sank der Grundwasserspiegel, und der Entwässerungsgraben trocknete aus.
Im Zweiten Weltkrieg wurden der westlich am Postfenn verlaufende Weg und ein den nördlichen Teil durchquerender Damm aufgeschüttet. Ein 1957 angelegtes Regenwasserauffangbecken sammelt Straßenabflusswasser der angrenzenden Siedlungsgebiete, ohne dass dadurch eine Erhöhung des Grundwasserspiegels des Postfenns erreicht werden konnte. Die immer stärker fortschreitende Verlandung des Postfenns verdrängt die ursprüngliche Vegetation und lässt einen geschlossenen Moor-Birkenwald entstehen.

Für uns geht es nun weiter Richtung Drachenberg und wir treffen uns dafür am nächsten Parkplatz an der Teufelseechaussee.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Drachenberg

8. Drachenberg

Der Drachenberg entstand wie der benachbarte Teufelsberg nach dem Zweiten Weltkrieg aus Trümmerschutt. Anders als bei seinem höheren Nachbarn sind seine Hänge im oberen Bereich kahl, sodass die Erhebung Aussichtsmöglichkeiten in alle Richtungen bietet. Die Gipfelregion ist ein ausgedehntes Plateau. Der Drachenberg ist mit dem Teufelsberg über einen Sattel verbunden, der eine Höhe von 72 Meter hat.
Die Treppe mit 280 Stufen vom Parkplatz südlich der Erhebung zur Kuppe von ABM-Kräften wird derzeit erneuert.
Seinen Namen hat die 99 Meter hohe Erhebung von den vielen Berlinern, die am Wochenende hierherkommen um Drachen steigen zu lassen.

Für uns geht nun zur anfangs erwähnten Überraschung! Wir dürfen heute die Abhöranlage besichtigen, wo uns der Geschäftsführer empfangen wird. Wir fahren bis zum Parkplatz der Abhöranlage/Teufelsberg. Von dort können wir die Fahrräder hochschieben.

244. Kiezspaziergang als Fahrradtour - Geschäftsführer Joachim Meier Abhöranlage-Teufelsberg

10. Teufelsberg

Geschäftsführer Joachim Meier hat es uns ermöglicht die ehemalige Abhöranlage kostenfrei zu besuchen und der Gruppe Einblicke in die Geschichte und Zukunft des Geländes gegeben. Es folgte eine kleine Tour.

Zum Abschluss noch einmal der Hinweis zum nächsten Kiezspaziergang: Am Samstag, 8. Juli 2023, führt Sie meine Kollegin Heike Schmitt-Schmelz um den Lietzensee auf den Spuren von Erwin Barth, einer der bedeutendsten Stadtgartendirektoren der Stadt und des Bezirks. Treffpunkt ist um 14 Uhr am Schusteruspark oder Erwin-Barth-Platz.

Kommen Sie gut nach Hause und fahren Sie vorsichtig!

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