Kiezspaziergang am 13.12.2003

über den Kurfürstendamm

mit Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
Treffpunkt: Adenauerplatz

Sehr geehrte Damen und Herren!

Herzlich willkommen zu unserem diesjährigen Vorweihnachts-Kiezspaziergang. Wie immer will ich Ihnen zunächst den nächsten Termin verraten: Auch im neuen Jahr werden wir wie gewohnt immer am zweiten Sonnabend eines Monats ab 14.00 Uhr einen Kiezspaziergang anbieten. Am Sonnabend, dem 10. Januar 2004, treffen wir uns um 14.00 Uhr auf dem Fehrbelliner Platz vor dem Rathaus Wilmersdorf, und wir werden unter anderem das Schoelerschlösschen besichtigen.

Allgemeines

Der Kurfürstendamm ist eine der wenigen Straßen, bei denen der Name den Zweck bezeichnet, den sie ursprünglich erfüllte. Bis 1880 war es ein Knüppeldamm durch teilweise sumpfiges Gelände, den der König und die Kurfürsten benutzten, um vom Berliner Stadtschloss zur Jagd in den Grunewald zu reiten. Bereits 1542 war ja dort bereits das Jagdschloss Grunewald gebaut worden. Hier befand sich also ein Damm für die Kurfürsten. Auf alten Karten ist er auch als solcher eingetragen, als “Churfürsten-Damm”, geschrieben mit “Ch”. Viele Querstraßen des Kurfürstendammes im westlichen Teil in Halensee sind daher auch allesamt nach früheren Kurfürsten benannt: Albrecht Achilles, Hektor, Eisenzahn, Georg Wilhelm, Markgraf Albrecht, Cicero, Joachim Friedrich und Sigismund.

Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck regte 1871 den Ausbau des Kurfürstendammes zum Boulevard an. Er war nach dem deutsch-französischen Krieg aus Paris zurückgekommen, wo gerade das Kaiserreich gegründet worden war. Er schrieb am 5.2.1873 an den Geheimen Kabinettsrat von Wilmowski:

“Auch die Straße am Kurfürstendamm wird nach den jetzt bestehenden Absichten viel zu eng werden, da dieselbe voraussichtlich ein Hauptspazierweg für Wagen und Reiter werden wird. Denkt man sich Berlin so wie bisher wachsend, so wird es die doppelte Volkszahl noch schneller erreichen, als Paris von 800.000 Einwohnern auf 2.000.000 gestiegen ist. Dann würde der Grunewald etwa für Berlin das Bois de Boulogne und die Hauptader des Vergnügungsverkehrs dorthin mit einer Breite wie die der Elysäischen Felder durchaus nicht zu groß bemessen sein.”

1875 wurde die Breite des zukünftigen Kurfürstendammes per Kabinettsordre auf 53m festgelegt, das ist knapp halb so breit wie die Champs-Èlysées. Bismarck legte besonderen Wert darauf, dass ein Reitweg erhalten bleiben sollte. Zunächst scheiterten die Finanzierungsbemühungen. Schließlich wurde ein Banken-Konsortium gebildet, die Kurfürstendamm-Gesellschaft. Diese erhielt als Ausgleich für die Finanzierung des Straßenausbaus die Vorkaufsrechte für 234 ha Grunewald. Der Boulevard sollte nicht in einen Wald führen, sondern in eine Villenkolonie.

Seit 1883 wurde die Straße ausgebaut, am 5.5.1886 mit der Dampfstraßenbahnlinie Zoo-Kurfürstendamm-Grunewald eröffnet. Dies war in gewisser Weise der Geburtstag des Kurfürstendammes als Boulevard, und in rasantem Tempo entwickelte sich der frühere Knüppeldamm. Innerhalb weniger Jahre wurde der Kurfürstendamm fast vollständig mit pompösen Mietshäusern bebaut. Sie waren reich mit Stuck verziert, an jeder Ecke mit prächtigen Türmen bekrönt und mit 10- und mehr Zimmer-Wohnungen ganz auf hochherrschaftlichen bürgerlichen Bedarf ausgerichtet. Die Fassaden zeigten alle stilistischen Spielarten von romanisch-mittelalterlich über rokoko, barock bis modern. Der Begriff “Kurfürstendamm-Architektur” bürgerte sich als Schimpfwort ein für eine überladene, geschmacklos-protzige kunterbunte Fassadengestaltung.

Aber der Kurfürstendamm wurde innerhalb weniger Jahre zum neuen Berliner Boulevard, zur City-Filiale, wie man bald sagte, weil viele berühmte Geschäfte, Cafés und Restaurants aus der alten City hier moderne Filialen eröffneten, und bald waren die Filialen beliebter als die Originale. Der kaiserliche Staat versuchte zwar, gleich zu Beginn mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und den Romanischen Häusern am damaligen Auguste-Victoria-Platz (seit 1947 Breitscheidplatz) einen monarchistischen Akzent zu setzen, aber der Kurfürstendamm wurde schnell zum modernen bürgerlichen Boulevard – bis in die 20er Jahre zwar mit Reitweg in der Mitte, aber preußische Standbilder hatten hier keinen Platz. Die moderne Geschäftswelt breitete sich hier ebenso aus wie die kulturelle Avantgarde. Wenn die Linden traditionsbewusst und national waren, dann war der Kurfürstendamm modern und international. Eine große Rolle spielten in den 20er Jahren dabei die Kinos: In den großen Uraufführungskinos wie Marmorhaus, Gloria-Palast, Union-Palast, Capitol und Ufa-Palast am Zoo fanden glanzvolle Premieren statt, und die internationalen Filme liefen zuerst hier am Kurfürstendamm im Original, bevor sie in übersetzter, synchronisierter Version einige Wochen danach in die Häuser in der Friedrichstraße kamen.

Spätestens in den 20er Jahren überflügelte die westliche City-Filiale die alte City. Thomas Wolfe nannte den Kurfürstendamm “das größte Caféhaus Europas”. Der Kurfürstendamm war die lebendigste, modernste, internationalste Straße Berlins geworden.

Adenauerplatz

Dieser Platz wurde am 21.6.1973 benannt nach dem ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer (5.1.1876 in Köln, gest. 19.4.1967 in Bad Honnef-Rhöndorf). Eine Woche nach dem Tod Adenauers war am 26. April 1967 der Kaiserdamm in Adenauerdamm umbenannt worden. Dies wurde aber wegen massiver Proteste am 15. Januar 1968 wieder zurückgenommen.

Der zunächst namenlose Platz am Kurfürstendamm war Ende der 60er Jahre durch den Umbau der Straßenkreuzung entstanden. Zuvor mündete die Wilmersdorfer Straße direkt in den Kurfürstendamm.

Der Straßentunnel unter dem Kurfürstendamm wurde 1972 eröffnet, der U-Bahnhof 1978, angelegt als Kreuzungsbahnhof, denn die Kurfürstendammlinie sollte über den Bahnhof Uhlandstraße hinaus bis zum Henriettenplatz verlängert werden. Diese Planungen wurden bisher nicht wieder aufgegriffen.

Im Rahmen der Untertunnelung des Kurfürstendammes wurde 1974 auch der Platz neu angelegt mit Pflasterung, Bäumen und Sitzbänken. Im Zentrum steht die Brunnenskulptur “Säule in der Brandung” aus Chromnickelstahl mit einem flachen Rundbecken aus Stein von Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff.

An der Ecke Kurfürstendamm 70 / Lewishamstraße baute Helmut Jahn 1992 bis 1994 das schmalste Bürogebäude Berlins auf einem nur 2,5 Meter tiefen Grundstück mit einer Stahl-Glasfassade. Zur Vergrößerung der Grundfläche kragt das Gebäude ab der ersten Etage fünf Meter vor. – Die ungewöhnliche Grundstückssituation ergab sich aus dem Abriss eines Hauses im Zuge der Straßenverbreiterung und der Untertunnelung des Kurfürstendammes. Mieter sind vor allem Anwaltskanzleien.

Nr.68

Hotel Kurfürstendamm, Gedenktafel: Erster Tonfilm

IN DIESEM HAUSE
DEN DAMALIGEN ALHAMBRA-LICHTSPIELEN
ERLEBTEN DIE BESUCHER
AM 17. SEPTEMBER 1922
DIE WELTURAUFFÜHRUNG DES ERSTEN TONFILMS
DIE DEUTSCHE ERFINDERGEMEINSCHAFT TRI ERGON
DR.JO ENGL
DR.-ING.E.H.JOSEPH MASSOLLE
DR.H.C.HANS VOGT
HAT MIT IHREM HEUTE NOCH ANGEWANDTEN
LICHTTONVERFAHREN DIE TECHNISCHEN GRUNDLAGEN
FÜR DEN TONFILM GESCHAFFEN
GEWIDMET VON FRIEDRICH JAHN
17. SEPTEMBER 1964

Das Kino Alhambra war kein besonders bedeutendes Kino, und an den ersten Tonfilm aus dem Jahr 1922 kann sich niemand mehr erinnern. Es war ein Experimentalfilm, der lediglich gedreht wurde, um die neuen technischen Möglichkeiten zu präsentieren. Der Tonfilm stieß zunächst auf heftigen Widerstand. Kritiker befürchteten einen Niedergang der Schauspielkunst, und die Künstlergewerkschaften einen Verlust von Arbeitsplätzen, vor allem für die Orchestermusiker, die in den großen Kinos zu den Aufführungen spielten. Auf Plakaten stand zu lesen: “Der Tonfilm verdirbt Gehör und Augen” oder “Der Tonfilm ohne Beiprogramm mit lebenden Künstlern wirkt nervenzerrüttend!” Wie so häufig kam die deutsche Erfindung erst über den Umweg Amerika als durchschlagendes Erfolgsmodell zurück. Nach der Premiere von “The singing fool” am 10. Juni 1929 im Gloria-Palast gab es kein Halten mehr. Innerhalb kürzester Zeit verschwanden die Stummfilme von den Programmen und viele neue Filme spielten als Musikfilme die neuen technischen Möglichkeiten aus. Die Ufa schloss sich dem Trend an: Am 1.April 1930 wurde – ebenfalls im Gloria-Palast – “Der blaue Engel” uraufgeführt und mit Marlene Dietrich ein Weltstar für das Kino geboren.

Das Kino wurde 1949 noch kurzzeitig unter dem Namen “Bonboniere” weitergeführt, 1951 umgebaut zum Hotel und Weinrestaurant Tusculum mit Tanzbar “Petit Palais”, danach Hotel “Kurfürstendamm”, Ausbildungsstätte des Hotel- und Gaststättengewerbes. Der Geschäftsführer des Hotels, Norbert Holst, hat mir vor wenigen Tagen angekündigt, dass sein Haus sich an unserem Jubiläum 300 Jahre Charlottenburg im übernächsten Jahr 2005 beteiligen will. Ich freue mich darüber sehr.

Clausewitzstraße

Die Straße wurde 1906 benannt nach dem preußischen General und Kriegstheoretiker Karl Philipp Gottfried von Clausewitz (1780 -–1831).

Nr.173

Seit 1969 residiert hier das bekannte Fotostudio Urbschat. Es wurde begründet von dem Fotografen Horst Urbschat. Inzwischen wird es von seinen beiden Töchtern Daniela und Nicole Urbschat weiter geführt und ist vor allem bei Prominenten beliebt.

Nr.175

Türkisches Kulturzentrum

Nr.65

Hier hat im September dieses Jahres das Kino “Hollywood” geschlossen, eine der vielen Kinoschließungen in der City West.

Nr.63

Hier hat im Mai 2000 das Kaffeehaus Berlin eröffnet. In den Zeitungen wurde es begrüßt als neue Heimat für alle Kranzler-Vertriebenen. Unter anderem eine 77jährige Unternehmerin ist hier aktiv.

Giesebrechtstraße

Die Straße wurde 1904 benannt nach dem Historiker Wihelm von Giesebrecht (1814-1889). Er war bis 1837 als Professor am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin tätig.

In der Giesebrechtstraße befindet sich seit 1935 das Kino “Die Kurbel”. Es musste vor einigen Monaten leider wie so viele Kinos in der City West schließen. Aber in diesem Fall gibt es eine gute Nachricht. Am 1. Januar 2004 wird es wieder eröffnet. Ein Potsdamer Betreiber wird für einen Eintrittspreis von 2,99 EUR Filme anbieten, die in den Premierenkinos nicht mehr laufen, aber auch spezielle Programme für Kinder und ältere Menschen.

Leibnizstraße

Die Straße wurde 1869 benannt nach dem Philosophen und Mathematiker Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibnitz. (1646-1716).

Vom Lehniner Platz bis hierher zur Leibnizstraße und zum Olivaer Platz verlief früher die Grenze zwischen den Bezirken Charlottenburg und Wilmersdorf über den Kurfürstendamm. Die nördlichen Grundstücke gehörten zu Charlottenburg, die südlichen zu Wilmersdorf. Ab hier bis zum Breitscheidplatz gehörte der Kurfürstendamm vollständig zu Charlottenburg, die Bezirksgrenze verlief entlang der Lietzenburger Straße. Und in Halensee vom Lehniner Platz bis zum Rathenau-Platz gehörte der Kurfürstendamm zu Wilmersdorf. Heute liegt der Kurfürstendamm mitten im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.

Walter-Benjamin-Platz

Der Platz wurde 1999 benannt nach dem Philosophen und Schriftsteller Walter Benjamin (1892-1940), der unter anderem die “Berliner Kindheit um 1900” schrieb. Eine Gedenktafel für ihn befindet sich an dem Haus Prinzregentenstr. 66, wo er 1930 bis 1933 lebte.

Die Leibniz-Kolonnaden wurden 1998-2000 von Hans Kollhoff und Helga Timmermann gebaut. Entstanden sind achtstöckige Wohn- und Geschäftshäuser auf einem ehemaligen Parkplatz, einem seit der Jahrhundertwende brach liegendem Gelände. Der Entwurf löste eine heftige Diskussion aus, die den Baubeginn um mehr als zehn Jahre verzögerte. Der preußisch strenge Entwurf gewann in einem Wettbewerb unter anderem gegen Hinrich Baller, der einen völlig anderen Entwurf in seiner verspielt-südländischen Architektursprache eingereicht hatte. Auf dem Dach gibt es einen Kindergarten.

Der öffentliche Stadtplatz ist 32 mal 108 Meter groß. Es gibt eine computergesteuerte Wasserfontäne und einen einzelnen Kastanienbaum. Der Baum musste durch eine Tiefgarage hindurch im Erdreich verwurzelt werden. Der Platz ist eingefasst von strengen Steinfassaden in grau-grünem Granit mit Säulengängen mit Art-Deco-Lampen.

Im August dieses Jahres hat die IVG Immobilien AG hier nach dem Münchner Vorbild den Berliner Viktualienmarkt gegründet. Für das Rahmenprogramm ist Frau Ruth Meyer zuständig, die zur Zeit auf die “Piazza Italiana” einlädt.

Wielandstraße

1885 benannt nach dem Schriftsteller Christoph Martin Wieland (1733-1813)

Nr. 186

Gedenktafel: Rudolf Nelson

IN DIESEM HAUSE WOHNTE
DER KOMPONIST
RUDOLF NELSON
1922-1932

Rudolf Nelson war einer der berühmtesten Komponisten, Pianisten, Revue-Künstler und Unternehmer der geistreichen Unterhaltungsbranche in den 20er Jahren. Er wurde 1878 in Berlin geboren und starb 1960 ebenfalls in Berlin. Sein Theater befand sich an der Ecke Fasanenstraße dort, wo später das Astor-Kino einzog. Ich werde nachher darauf hinweisen.

Nr.52

Gedenktafel: Robert Koch

Wohnhaus von
ROBERT KOCH
11.12.1843-27.5.1910
Arzt, Begründer der Bakteriologie
Entdecker der Erreger von Tuberkulose und Cholera
Ehrenbürger der Stadt Berlin

Schlüterstraße

1885 benannt nach dem Bildhauer und Architekten Andreas Schlüter (1659-1714), der unter anderem das Berliner Zeughaus, große Teile des Berliner Schlosses, das Stadtschloss Potsdam und das Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten, das heute vor dem Schloss Charlottenburg steht.

Nr.190

Weil das Jugendstilhaus von 1905 saniert wird, mussten die prominenten Lokale “Wellenstein” und “Reinhard’s” vor kurzem ausziehen. Die Sanierung soll bis Ende 2004 abgeschlossen sein. An wen dann vermietet wird, steht noch nicht fest.

George-Grosz-Platz

1983 benannt nach dem Maler und Grafiker George Grosz (1893-1959)

Dreiecksplatz mit zwei Einmündungen zur Schlüterstraße, wirkt dadurch wie eine Verkehrsinsel. Umgestaltungspläne seit zwei Jahren.

Nr.50

Gedenktafel, enthüllt am 2.5.2002:

Hier lebte von 1932 bis 1965
MICHAEL BOHNEN
Köln 2.5.1887 – 26.4.1965 Berlin
Kammersänger und Opernindendant
Debütierte 1910 als Opernsänger in Düsseldorf,
danach Erfolge in Berlin, Bayreuth und London,
1922-1932 Star der Metropolitan Opera in New York,
1945-1947 Intendant der Städtischen Oper Charlottenburg,
erhielt 1952 den Goethepreis der Stadt Berlin

Bohnen hat nach dem Zweiten Weltkrieg als Intendant unter schwierigsten Bedingungen die Städtische Oper Charlottenburg wieder aufgebaut, heute die Deutsche Oper Berlin. Sie spielte damals im Theater des Westens, bis sie 1961 in den Neubau von Fritz Bornemann an der Bismarckstraße einziehen konnte. Ein leidenschaftlicher Fan von Michael Bohnen, Josef W. Kley aus Köln, hat die Tafel finanziert.

In diesem Haus hat im Juli 2001 das renommierte internationale Auktionshaus Philipps seine Berliner Repräsentanz eröffnet

Nr.193-194

Früheres Haus Cumberland, ehem. Oberfinanzdirektion

1911/12 hat Robert Leibniz, der Architekt des alten Hotels Adlon, dieses Haus als ‘Boarding-Palast’ erbaut: ein riesiger Gebäudekomplex vom Kurfürstendamm bis zur Lietzenburger Straße. Das Konzept, mehrzimmerige Suiten mit eigenen Hausdienern den Gästen zur Verfügung zu stellen, ging nicht auf; 1913 musste noch vor Eröffnung Konkurs angemeldet und das Mobiliar versteigert werden. Bis zum Ausbruch des Weltkrieges wurde das Haus als Luxushotel unter dem Namen ‘Cumberland’ betrieben mit 700 Betten, prächtigen Festsälen, einer Badeanstalt unter dem Dach und dem Café Kugler mit Kurfürstendamm-Terrasse. 1914 wurde hier das ‘Kaiserliche Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt’ (Wumba) untergebracht, seit 1936 wechselnde Ämter der Finanzverwaltung, zuletzt die Steuerabteilung der Oberfinanzdirektion. Die Immobilie war zur Hälfte im Besitz des Bundes und des Landes Berlin. Sie wurde im Dezember 2000 von der Fundus Gruppe erworben, um es als künftiges ‘Adlon des Westens’ unter dem Namen ‘Cumberland Plaza’ wieder zum Luxushotel umzubauen. Der vorgesehene Betreiber, der Kempinski- Hotel-Konzern, zog sich allerdings im April 2001 zurück. Nach der Annullierung des Kaufvertrages gab es eine neue Ausschreibung Anfang 2002. Inzwischen haben sich mehrere Interessenten gemeldet, unter anderem die Betreiber der Gropiuspassagen in Neukölln. Sie wollen hier altersgerechtes Wohnen anbieten, verbunden mit Einkaufsmöglichkeiten. Eine gewöhnliche Einkaufspassage sollte hier nicht einziehen – aus Gründen des Denkmalschutzes, aber auch wegen des geschäftlichen Umfeldes

Das edle Interieur mit reichverzierten Stuckdecken, Deckengemälden, Edelholzvertäflungen etc. ist teilweise erhalten, so in dem an der Lietzenburger Straße gelegenen Festsaal das neobarocke Deckengemälde, sowie die lindgrüne Wandbespannung aus den 1950ern, als dieser als Kino diente.

Die Oberfinanzdirektion ist inzwischen ausgezogen. Das Gebäude steht leer. Auch das alteingesessene Modegeschäft “Slabo” ist inzwischen ausgezogen. Derzeit wird das Gebäude häufig für Filmaufnahmen vermietet, nicht zuletzt um die Betriebskosten in Höhe von 500.000 EUR pro Jahr wieder einzuspielen.

Bleibtreustraße

1897 benannt nach dem Schlachtenmaler Georg Bleibtreu (1828-1892)

Nr.45

Der Juwlier Axel Sedlatzek war in den letzten Jahren mehrfach Opfer von Räuberbanden, die mit Autos in sein Schaufenster fuhren und dann die Auslagen plünderten. Im September 2001 wurden Poller eingesetzt, um solche Angriffe zu verhindern. Der letzte Einbruch wurde hier im Februar dieses Jahres gemeldet.

Nr.44

geplante Gedenktafel:

Hier will die Historische Kommission zu Berlin eine Gedenktafel anbringen lassen, die erinnern soll an das Historiker-Ehepaar Otto und Hedwig Hintze. Der Text soll lauten:

Hier lebte und arbeitete von 1912 bis 1933 das Historiker-Ehepaar
Otto Hintze
27.8.1861 – 25.4.1940
Hedwig Hintze geb. Guggenheimer
9.2.1884 – 19.7.1942
“So harren wir der dunklen Schicksalswende,
Die dies verworrene Trauerspiel beende!”
(Aus einem Sonett Otto Hintzes für seine Frau Hedwig vom 3.1.1940)

Die NS-Rassegesetze zwangen Hedwig Hintze zur Emigration. Im holländischen Exil setzte sie, von der Deportation in ein Vernichtungslager bedroht, ihrem Leben ein Ende. Ihr Mann war hoch betagt in Berlin zurückgeblieben, wo er vereinsamt starb.

Nr. 200

In diesem Haus hatte in den 20er Jahren der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten seinen Sitz. Er wurde unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg gegründet und wollte sich gegen die Vorwürfe wehren, Juden hätten sich während des Krieges gedrückt. Er konnte nachweisen, dass im Ersten Weltkrieg relativ zu ihrem Anteil an der Bevölkerung mehr jüdische als nichtjüdische deutsche Soldaten starben. Der Reichsbund war eine Vereinigung konservativer Juden und setzte sich für einen Einwanderungsstop gegenüber armen Ostjuden aus Polen und aus der Sowjetunion ein. Nach Ansicht des Reichsbundes wurde durch ihre große Zahl in Deutschland der Antisemitismus verstärkt. 1938 wurde der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten von den Nationalsozialisten aufgelöst.

Knesebeckstraße

Die Straße wurde 1866 benannt nach dem preußischen Generalfeldmarschall Karl Friedrich Freiherr von dem Knesebeck (1768-1848)

Nr. 37

1904 von Kurt Berndt gebaut, der Gastronom August Aschinger lebte hier, 1990 aufwendige Fassaden-Restaurierung für 20 Mio. DM.

Nr. 36

Im März 2002 haben die Zeitungen gemeldet: “ Holländischer Shop am Kudamm bringt Farbe in die Herrenmode”

Nr. 208/209, Kudamm-Karree

Gedenktafel:

Hier befand sich von 1905 bis 1914
das zweite Ausstellungsgelände der
BERLIN SECESSION
1898 – 1932
die für Entwicklung der modernen Kunst in Deutschland
von wesentlicher Bedeutung war.

Die Berliner Secession war eine wichtige Institution der kulturellen Avantgarde am Kurfürstendamm. Hier stellten die Maler aus, die zur kaiserlichen Kunstpolitik in Opposition standen. Kaiser Wilhelm II hatte ihre Werke als “Rinnsteinkunst” verteufelt, was eine der heftigsten Kunstdebatten der Kaiserzeit auslöste, aus der letztlich die Maler der Secession als Sieger hervorgingen.

In einem Berlin-Führer von 1905 hieß es:

“Secession, Kurfürstendamm 208. Nicht national, aber kunstfördernd. Merkwürdigerweise in Mode. Vorsitzender Max Liebermann. Regelmäßige Sommerausstellungen von Mai bis September. Klein, aber gewählt. International und doch einseitig. Vorherrschaft Liebermanns und der impressionistischen Landschaftsmalerei. Offiziere erscheinen in Zivil.”

Ein schärferer Gegensatz zum monarchischen Auguste-Viktoria-Platz, wo am Sedantag mit militärischem Pomp die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche eingeweiht worden war, ließ sich kaum vorstellen. Hier hatten Offiziere in Zivil zu erscheinen.

Hier wurden Ausstellungen gezeigt von Walter Leistikow, Käthe Kollwitz, Max Beckmann, Emil Nolde, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Ernst Barlach, Claude Monet, Edouard Manet, Edvard Munch, Georg Kolbe und 1912 erstmals in Deutschland Pablo Picasso – also nahezu alle, die wir heute als Repräsentanten der klassischen Moderne verehren.

1915 zog die Secession um an den Kurfürstendamm 232, also noch näher zur kaiserlichen Gedächtniskirche. Hier wurde 1921 das “Theater am Kurfürstendamm” eröffnet, 1924 die “Komödie” unter Max Reinhardt.

Das Theater am Kurfürstendamm wurde 1921 zunächst im Haus der Berliner Secession eröffnet, 1928 kam es unter die Direktion von Max Reinhardt und wurde von Oskar Kaufmann an der Stelle des Vorgängerbaues neu erbaut. Kaufmann hat zahlreiche Berliner Theaterbauten erstellt, darunter das Renaissancetheater und die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz im Bezirk Mitte. Der nahezu kreisrunde Zuschauerraum mit in den Wänden eingeschnittenen Logen besteht im Kern noch heute. 1936 übernahm Hans Wölffer die Direktion. Nach teilweiser Kriegszerstörung wurde es nach 1945 wieder aufgebaut und diente von 1949 bis 1963 der Freien Volksbühne als Spielstätte. Im Februar 1963, kurz bevor das neue Haus der Freien Volksbühne in der Schaperstraße eröffnet wurde, wurde hier der “Stellvertreter” von Rolf Hochhuth in der Regie von Erwin Piscator uraufgeführt. Danach kam das Theater wieder unter die Leitung der Familie Wölffer. Bei der Errichtung des Kudamm-Karrees 1969-74 wurde der gesamte Bau in das neue Hochhaus integriert. Der Spielplan bietet klassisches Boulevardtheater.

Das ursprüngliche Haus der Komödie wurde 1924 an der gleichen Stelle ebenfalls nach den Plänen von Oskar Kaufmann gebaut und unter der Leitung von Max Reinhardt mit “Der Diener zweier Herren” von Goldoni eröffnet. Nach Reinhardts Niederlegung der Direktion 1932 wechselte die Theaterleitung in der folgenden Spielzeit sechs Mal. Seit 1934 liegt sie mit kurzen Unterbrechungen bis heute unter der Direktion der Theater-Dynastie Wölffer. 1971/72 wurde das Haus der Komödie abgerissen und als Teil des Kudamm-Karrees neu erbaut. Umbauten gab es 1986. Der Spielplan umfasst die gesamte Palette des Unterhaltungstheaters.

Das Kudamm-Karree wurde von 1969 bis 74 als Gebäudeensemble auf einem 20.000 qm großen Areal mit einem 20-geschossigen Hochhaus im Zentrum von Sigrid Kressmann-Zschach gebaut. Sie wurde vor allem bekannt und berüchtigt durch den Steglitzer Kreisel. Insgesamt gibt es hier 40.000 qm Büro- und Geschäftsfläche, ein Parkhaus an der Uhlandstraße, Restaurants und die beiden Theater Komödie und Theater am Kurfürstendamm. Der Grundriss ist wenig gelungen. Es handelt sich mehr um eine Anhäufung der Baukörper statt eines konzeptionell einheitlichen Gesamtentwurfes. Die unzureichende Erschließung durch Passagen und Galerien machte bereits ein Jahr nach der Fertigstellung kostspielige Umbauten notwendig, in den Folgejahren waren hohe Zuschüsse durch das Land nötig. Im Hochhaus war bis vor einigen Jahren die Berliner Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege untergebracht, eine Art indirekte Subventionierung des Gebäudes durch den damaligen Berliner Senat.

Seit 1999 gibt es auf 7.000 qm die multimediale Berlin-Ausstellung “The Story of Berlin”, zu der auch die Besichtigung eines Atom-Bunkers gehört. Vielleicht waren einige von Ihnen dabei, als mein Kollege Baustadtrat Gröhler im August 2002 bei einem Kiezspaziergang diesen Bunker besichtigte.

Nr. 211, Maison de France

Das Haus wurde 1897 von W. Klopsch als Mietwohnhaus erbaut; 1927-29 im Stil der Neuen Sachlichkeit von Hans und Wassili Luckhardt und Alfons Anker umgebaut zum “Haus Scharlachberg”. Nach den Kriegsschäden wurde es von 1948 bis 1950 durch die französische Militärregierung Berlins nach Plänen von Hans Semrau um- und teilweise neu gebaut als französisches Kulturhaus. Entstanden ist ein schmuckloser Flachdachbau mit gerundeten Ecken und geschwungenen Formen. Vor allem im Innern ist es ein wichtiges Beispiel der frühen 1950er-Jahre-Architektur. Das Haus beherbergt das Institut Français, das Bureau du Théatre und das Kino Cinema Paris.

Das französische Kultur- und Informationszentrum bietet Kulturprogramme, Sprachkurse, die Veranstaltung von Seminaren, Konferenzen, Lesungen, Ausstellungen undsoweiter. Eine Mediathek und Bibliothek enthält 13.000-Bände.

Das Bureau du Théatre wurde 1995 gegründet zur Koordination und Unterstützung der theaterpolitischen Aktivitäten der in Deutschland beheimateten französischen Kulturinstitute. Aufgabe ist die Förderung deutsch-französischer Theaterbeziehungen, die Organisation von Gastspielen französischer Ensembles und die Zusammenarbeit mit deutschen Theaterschulen. Kostenlos wird eine Untertitelungsanlage zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit dem Verlag der Autoren wird die Reihe “Scène” herausgegeben zur Publikation von Texten junger frankophoner Dramatiker in deutscher Übersetzung. Jährlich werden vier Stipendien vergeben für Übersetzungen französischer Theatertexte.

U-Bhf Uhlandstraße

Der Bahnhof der Kurfürstendammlinie wurde 1910-13 von Alfred Grenander gebaut. Die U-Bahnlinie hatte die damals selbständige Großstadt Charlottenburg verlangt als Kompensation für die Linie 2 durch Wilmersdorf nach Zehlendorf, weil man eine Abwanderung der vermögenden Steuerzahler aus Charlottenburg befürchtete. Die Kurfürstendammlinie sollte ursprünglich unter dem gesamten Kurfürstendamm bis nach Grunewald führen. Der U-Bahnhof Adenauerplatz ist als Kreuzungsbahnhof angelegt, um diese Option auch für die Zukunft offenzuhalten.

Nr. 213

Hier befand sich von 1898 bis 2000 das Café Möhring. Die Schließung löste heftige öffentliche Debatten über den Niedergang der Caféhauskultur am Kurfürstendamm aus.

Die Galerie Brusberg residiert hier seit 1982.

Nr. 29

Gedenktafel:

Hier – im IV. Stock des Hinterhauses -
lebte und arbeitete in ihrem Atelier
von 1919 bis 1976 die Malerin und Grafikerin
JEANNE MAMMEN
21.11.1890-22.4.1976
Im Mittelpunkt ihres Schaffens standen die
realistischen Schilderungen aus dem Berliner
Großstadtleben der zwanziger Jahre

Nr.27 Kempinski

Auch Kempinski entstand in den Zwanziger Jahren als Filiale.

Das heutige Hotel wurde 1951/52 von Paul Schwebes unter Beibehaltung der “runden Ecke”, die der historischen Bebauung entspricht, erbaut. Am 29.7.1952 als erstes neuerbautes Hotel in Berlin nach dem Krieg eröffnet, 1957 und 1965 erweitert.

Zu den prominenten Gästen gehören: Sophia Loren, der Dalai Lama, Michael Gorbatschow, Mick Jagger und Fidel Castro.

Der Name des Hotels, das zum Inbegriff für erstklassige Berliner Hotellerie wurde, geht auf die jüdischen Besitzer des an diesem Ort seit 1926 befindlichen Groß-Restaurants zurück. ‘Kempinski am Kurfürstendamm’ war ein nobel ausgestattetes Speiserestaurant mit zivilen Preisen, in dem täglich 2000 Gäste bewirtet wurden. Der Gründer Berthold Kempinski hatte die Idee der halben Portionen zu halbem Preis, einer “Sozialisierung des Luxus”, die er in seinen zahlreichen Lokalen verwirklichte.

Das Stammhaus war eine 1872 an der Friedrichstraße Ecke Taubenstraße eröffnete Weinhandlung mit angeschlossener Probierstube.

1937 Enteignung und “Arisierung” unter Beibehaltung des Namens. Erst 1994 wurde neben dem Hoteleingang Fasanenstraße eine Gedenktafel angebracht.

HIER STAND SEIT 1928 EIN KEMPINSKI-RESTAURANT.
ES WAR EIN WELTWEIT BEKANNTES SYMBOL BERLINER GASTLICHKEIT.
WEIL DIE BESITZER JUDEN WAREN,
WURDE DIESE BERÜHMTE GASTSTÄTTE 1937 “ARISIERT”,
UNTER ZWANG VERKAUFT.
ANGEHÖRIGE DER FAMILIE KEMPINSKI WURDEN UMGEBRACHT,
ANDERE KONNTEN FLIEHEN.
DAS 1952 ERÖFFNETE BRISTOL HOTEL KEMPINSKI
MÖCHTE, DASS DAS SCHICKSAL DER GRÜNDERFAMILIE
NICHT VERGESSEN WIRD.

In der Fasanenstr. 79 – 80 befindet sich das Jüdische Gemeindezentrum, das 1957 – 1959 von Dieter Knoblauch und Heinz Heise errichtet wurde. Auf dem Grundstück war 1912 eine große Synagoge eröffnet worden, die 1938 von den Nationalsozialisten angezündet und zerstört worden war. Die Ruine wurde 1957 für den Bau des neuen Gemeindezentrums abgerissen. Vor dem Eingang wurde das Portal der alten Synagoge aufgestellt. In Charlottenburg lebten 1933 fast 27.000 jüdische Bürgerinnen und Bürger, mehr als in jedem anderen Bezirk. Bereits in den 20er Jahren richtete sich die Nazipropaganda nicht zuletzt gegen den Kurfürstendamm als “verjudeten Boulevard”. Die Nazis inszenierten hier bereits vor ihrer Machtübernahme mehrere Pogrome, das brutalste am 12. September 1931, nachdem die Juden in ihren Synagogen ihr Neujahrsfest gefeiert hatten. Als viele Juden aus der Synagoge in der Fasanenstraße zum Kurfürstendamm kamen, mischten sich über 1.500 SA-Leute unter die Passanten, brüllten Sprechchöre wie “Juda verrecke! Deutschland erwache!” und verprügelten jüdisch aussehende Passanten. Die Täter drangen in jüdische Lokale ein, misshandelten Gäste, demolierten das Mobiliar und warfen die Fensterscheiben ein. Am nächsten Tag beklagten liberale Zeitungen wie die Vossische, dass wieder einmal die Polizei viel zu spät eingriff und kaum etwas unternahm. Der Anführer des Pogroms war übrigens Wolf Heinrich Graf von Helldorf, der nach der Machtübernahme 1933 zur Belohnung Berliner Polizeipräsident wurde.

23 SA-Leute wurden vor Gericht gestellt. Einer von ihnen sagte bei der Vernehmung: “Wir wollten dem Kurfürstendamm einen Denkzettel geben.”

Für die Nationalsozialisten verkörperte der Kurfürstendamm alles, was sie hassten: Internationalität, moderne Kultur, viele jüdische Geschäfte und Cafés, Kabarett, Jazz, Tango und andere moderne Gesellschaftstänze, Erotik und geistvoll-witzige Unterhaltung.

Einen besonders großen Anteil hatten jüdische Geschäfte in der Modebranche. Am Kurfürstendamm waren in den 20er Jahren berühmt das Pelzhaus Weißler (Nr.29), Kovacs-Herrenausstatter (Nr. 30), Union-Herrenausstatter (Nr. 33), Damenmoden von Gerichter (Nr. 233) und Fleischhauer (Nr. 237) und vor allem das Wäschehaus Grünfeld (Nr. 227 am heutigen Kudamm-Eck an der Joachimstaler Straße).

Den meisten Berlinerinnen und Berlinern wurde erst am 1. April 1933 bewusst, dass diese Geschäfte von jüdischen Eigentümern betrieben wurden. An diesem Tag organisierten die Nazis den sogenannten Judenboykott: Der Eingang zu den Geschäften wurde versperrt und Plakate wurden auf die Schaufenster geklebt, auf denen stand: “Kauft nicht bei Juden!”

Nr. 217 (Ecke Fasanenstraße) Astor-Kino

Gedenktafel:

HIER SCHRIEB
ROBERT MUSIL
VON 1931 BIS 1933
AN SEINEM ROMAN
“ DER MANN OHNE EIGENSCHAFTEN”

Das Haus an der Ecke Fasanenstraße wurde 1895/96 von Heinrich Mittag und Heinrich Seeling als Mietshaus erbaut. Es wurde zum Wohnsitz des weltberühmten Geigers Josef Joachim. 1921-28 befand sich in diesem Gebäude das von dem Komponisten und Pianisten Rudolf Nelson errichtete Nelson Theater, hier wurden die legendären “Nelson-Revuen” aufgeführt, und hier trat 1926 Josephine Baker auf. Im Erdgeschoss lag das Restaurant “Sanssouci”. Rudolph Möhring verband es 1934 mit dem ersten Obergeschoss und baute es zu einem Kino mit 500 Plätzen um. 1972 und 1993 wurde es umgebaut, zuletzt verkleinert auf 300 Plätze. Im letzten Jahr musste es wegen erhöhter Mietforderungen geschlossen werden. Der Spielbetrieb war von 1934 bis 2002 ununterbrochen aufrechterhalten worden, also auch im Zweiten Weltkrieg nicht unterbrochen. Nach der Schließung zog ein Modegeschäft ein, das die höhere Miete offensichtlich bezahlen kann.

Nr.26a

Juwelier Bucherer: Hier hat eine Hammerbande mehrmals zugeschlagen, bevor sie im Juli dieses Jahres endlich gefasst wurde. Wie Sie wissen, wurde eine andere Hammerbande vor einigen Tagen nach einem Einbruch bei einem Juwelier am Tauentzien in einer Bar in der Nürnberger Straße gefasst.

Nr.26 Filmbühne Wien

Mit der Filmbühne Wien starb ein besonders traditionsreiches Kino. Eingeweiht wurde es mit Max Reinhardts “Insel der Seligen” und entwickelte sich in der Folge zur Experimentierbühne für künstlerisch anspruchsvolle Filme; bis zuletzt blieb es Premierenkino.

Das Haus wurde 1912-13 von Nentwich & Simon als eines der ersten reinen Lichtspielhäuser unter dem Namen “Union-Palast” im Stile des Wilhelminischen Klassizismus mit tempelähnlicher Fassade mit vier ionischen Säulen und Dreiecksgiebel sowie einem Anbau errichtet. Unter dem Kinosaal befand sich ein großes Konzert-Café, das “Neue Café des Westens”. Seit 1924 gehörte das 850-Plätze-Kino zur UFA. Es erhielt den Namen UFA-Palast, später UFA-Theater. Das Haus wurde nach Kriegszerstörungen bereits 1945 wieder instand gesetzt und umbenannt in Haus Wien, das neue Kino erhielt den Namen Filmbühne Wien. Es wurde nach einem Umbau 1953 wiedereröffnet und erhielt als erstes Berliner Kino eine Projektionswand für Cinemascope-Filme. Für kurze Zeit in den 50er Jahren wurde es Spielort der Berlinale. 1979-1983 wurde der Bau zerstückelt für sieben weitere kleine Kinosäle. Am 26.04.2000 wurde das Kino geschlossen, das Haus komplett entkernt und umgebaut für seine neue Nutzung als Modegeschäft mit angeschlossenem Kaffeehaus, weiterer Gastronomie und Wohnungen. Die Fassade, das Treppenhaus und der Kinosaal samt Rängen wurden erhalten und in das Modegeschäft integriert.

Nr.25

Hier lebte von 1902 bis 1906 Robert Koch, der berühmte Arzt und Begründer der Bakteriologie. Eine Gedenktafel für ihn befindet sich am Kurfürstendamm Nr.52, wo er danach bis zu seinem Tod 1910 lebte.

Nr.220 (Ecke Meinekestraße)

Gedenktafel:

AN DIESER STELLE WURDE
AM 29. JANUAR 1958
IN ANWESENHEIT DES
SENATOR FÜR VERKEHR UND BETRIEBE
DAS ERSTE STADTBÜRO LUFTHANSA
IN BERLIN NACH DEM KRIEG ERÖFFNET
DER SENAT DANKT
DER DEUTACHEN LUFTHANSA AG
FÜR 30 JAHRE TREUE ZU BERLIN
EDMUND WRONSKI
SENATOR FÜR
VERKEHR UND BETRIEBE
BERLIN , DEN 29. JANUAR 1988

Meinekestraße

Benannt 1899 nach dem früheren Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums (1826-1857) Johann Albrecht Friedrich August Meineke. Als Gräzist gehörte er zu den besten Kennern der griechischen Literatur

Nr.10

Gedenktafel:

In diesem Haus befanden sich Palästinaamt der
Jewish Agency
das bis zu seiner Schließung 1941
etwa 50000 Menschen zur Auswanderug verhalf
Zionistische Vereinigung für Deutschland
jüdische Rundschau
sowie andere zionistische Organisationen

1925 hatte die “Jüdische Rundschau” das Haus Meinekestr. 10 gekauft und darin nicht nur die eigenen Redaktionsräume untergebracht, sondern auch eine Reihe anderer zionistischer Organisationen. Zeitweise befanden sich darin 30 verschiedene Organisationen. Die wichtigste war das Palästinaamt, das die Auswanderung der Juden nach Palästina propagierte und förderte. Seit 1933 wurde es für viele Juden lebensrettend. Das Palästinaamt zog 1938 um in die Kantstr. 158, schräg gegenüber dem Theater des Westens.

Nr. 23

Zur Zeit untersucht unser Heimatmuseum in einem historischen Projekt den Kurfürstendamm Haus für Haus. Fast über jedes Gebäude ließen sich spannende Geschichten erzählen. Deutlich wird bei unserem Projekt aber vor allem, wie schnell von Anfang an der Wandel auf dem Kurfürstendamm war. Typisch waren hier nicht so sehr die Traditionshäuser als vielmehr der schnelle Wechsel.

Hier gab es im fast jährlichen Wechsel beispielsweise die Schloß-Konditorei und Café, das Damenmodengeschäft Heden, eine Pilsner Urquell Klause, die Weinstube Eugen Steinert, ein Silberwarengeschäft, eine Möbelfirma, das Pelzhaus Rudnik, den Modesalon Poldi, Optik-Photo-Geschäfte, Juweliergeschäfte, die Hotel-Pension Zoo-Eck, die Weinstuben Brechler, die Tanzschule Lucie Antoine, Tabakwaren Willi Birow, das Café Berlin, die Alte Klause und die Union-Klause.

In den Bauakten finden sich häufig Beschwerden der Mieter. Hier zum Beispiel beschwerten sich die Hausbewohner 1919 über die Schweinehaltung in einem im Garten des Hauses errichteten Bretterschuppen durch den Wirt der Pilsner Urquell Klause, außerdem über die unerlaubte Haltung von Geflügel in zwei “Buden” im 2. Hof. Hier befanden sich ferner ein Ziegenstall und eine Dungstelle.

Nr.224

Hier hat im November 2000 Berlins größtes Intercafé eröffnet.

Nr. 18-21 Neues Kranzler Eck

1998-2000 baute Helmut Jahn, der berühmte Architekt aus Chicago, auf dem 20.000 qm großen sogenannten Victoria-Areal das Neue Kranzler-Eck. Dazu gehörte das alte Café Kranzler, der Altbau der Viktoria-Versicherung, die zweigeschossigen Ladenzeile an der Joachimstaler Straße und das ehemaligen “bilka”-Kaufhaus, in dem sich heute Karstadt-Sport befindet – ebenfalls an der Joachimstaler Straße. Auf dem Gelände entstand ein 16-geschossiger, 60 m hoher verglaster Baukörper mit Passage von der Kantstraße zum Kurfürstendamm. Den markanten Blickfang bildet eine spitz zu laufende, weit in den Straßenraum des Kurfürstendamms ragende 54 m hohe Kante mit der Lichtinstallation “Lichtburg” von Yann Kersalé. Im Zentrum des Quartiers befinden sich zwei 22 m hohe kegelförmige Volieren mit mehr als 100 Sittichen, Fasanen, Enten. Offizielle Einweihung war vor drei Jahren am 27. Dezember 2000. In dem Komplex mieteten sich Einzelhandelsgeschäfte, gastronomische Einrichtungen und Büros ein. Im Innenhof gibt es einen Wochenmarkt und jetzt einen Weihnachtsmarkt. Seit dem Nikolaus-Tag gibt es hier eine private Eisbahn. Auf 325 Quadratmetern ist hier bis zum 16. Januar Schlittschuhlaufen möglich: montags bis freitags von 10 bis 20 Uhr, sonnabends und sonntags von 11 bis 20 Uhr.

Das Parkhaus “Neues Kranzler Eck” wurde vor wenigen Wochen vom ADAC als “Benutzerfreundliches Parkhaus” ausgezeichnet (560 Stellplätze, Tag und Nacht geöffnet)

Café des Westens

Bismarck gab zwar den Anstoß zum Ausbau des Kurfürstendammes als Boulevard, aber er wurde keine monarchische Prachtmeile. Hier gab es keine Denkmäler, keine Reiterstandbilder. Im Gegenteil: Hier etablierte sich sehr schnell eine Gegenkultur zur offiziellen Kultur des Kaiserreichs. Einer der bekanntesten Orte dieser Gegenkultur entstand im gleichen Jahr, in dem die Gedächtniskirche eingeweiht wurde, 1895, direkt hier an der heutigen Kranzlerecke. Hier eröffnete das Café des Westens. Und dieses Café wurde sehr schnell zum Treffpunkt der kulturellen Avantgarde. Berühmtheiten wie Richard Strauss, Alfred Kerr, Christian Morgenstern, Frank Wedekind, Else Lasker-Schüler und Carl Sternheim verkehrten hier, vor allem aber auch Kritiker der Monarchie und Pazifisten wie George Grosz, Wieland Herzfelde, John Heartfield. Expressionistische Zeitschriften wie “Der Sturm” und “Die Aktion” wurden hier gegründet, der Malik-Verlag und die ersten Kabaretts “Schall und Rauch” und das “Überbrettl”. Von Kritikern wurde das Café wegen seines wilden Publikums “Café Größenwahn” genannt, aber die Besucher ärgerten sich keineswegs, sondern übernahmen die Bezeichnung stolz für sich selbst.

Die Zeit des Café Größenwahn ging allerdings mit dem Ersten Weltkrieg zu Ende. Eine ähnliche Rolle übernahm in den 20er Jahren das Romanische Café im Romanischen Haus östlich der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, dort, wo heute das Europa-Center steht.

Café Kranzler

Hier am Kurfürstendamm eröffnete anstelle des früheren Cafés des Westens 1932 “Restaurant und Konditorei Kranzler”, eine Filiale des berühmten Café Kranzler Unter den Linden/Ecke Friedrichstraße. Nach der Kriegszerstörung entstand 1957/58 ein neues Café Kranzler in einem Neubau von Hanns Dustmann; markanter flacher Bau mit aufsitzender Rotunde und rot-weiß gestreifter Markise. 1958 war die Wiedereröffnung, und das Kranzler wurde schnell zum legendären Treffpunkt und Wahrzeichen der City West.

2000 wurde das Café Kranzler geschlossen und nach Weihnachten, am 27. Dezember 2000 wieder eröffnet, allerdings ausschließlich im Bereich der Rotunde tagsüber als Café, abends als Bar in dem von Helmut Jahn erbauten Quartier Neues Kranzler-Eck über dem Bekleidungsgeschäft von Gerry Weber.

Im Zuge des Umbaus vom Café des Westens zum Restaurant Kranzler ereignete sich im Jahr 1932 ein tödlicher Unfall: Ein Maler berührte beim Anstrich des Balkongitters mit dem Kopf die blanke Leitung der elektrischen Leuchtreklame, stürzte von der Leiter und erlitt einen Schädelbruch. Drei Mieter, die das Dachgeschoss bewohnten, beschwerten sich im gleichen Jahr wegen des dort gelagerten Gerümpels und der erhöhten Brandgefahr durch dort schlafende und rauchende Obdachlose.

Joachimstaler Platz

1936 wurde der zuvor unbenannte Platz nach der brandenburgischen Stadt Joachimsthal in der Schorfheide benannt bzw. nach dem Joachimsthalschen Gymnasium, das 1607 in Joachimthal gegründet wurde, 1688 nach Berlin wechselte und 1880 nach Wilmersdorf an die damalige Kaiserallee, heute Bundesallee zog. Die dort gebaute große Schulanlage musste das Joachimsthalsche Gymnasium 1912 schon wieder aufgeben. Es zog von hier aus nach Templin in der Uckermark.

Die Joachimstalsche Straße erhielt ihren Namen bereits 1887. Es ist unbekannt, weshalb Straße und Platz das h in ihrem Namen verloren.

Der Platz wurde 1953-55 von Werner Klenke, Werner Düttmann und Bruno Grimmek angelegt. Seine Gestaltung mit Verkehrskanzel, Telefonzellen, Kiosk und U-Bahn-Zugang ist ein Zeugnis der städtebaulichen Modernitätsvorstellungen der 50er Jahre. Die Verkehrskanzel sollte an die berühmte Ampel am Potsdamer Platz von 1925 erinnern, die als Replik dort wieder errichtet wurde. Aber sie verlor wegen der starken Verkehrszunahme bereits in den 60er Jahren ihre Funktion.

Im letzten Jahre wurde der Platz nach einem Wettbewerb neu gestaltet nach den Plänen des Zürcher Landschaftsarchitekten Guido Hager. Der Parkplatzes im hinteren Teil fiel weg und wurde ersetzt durch Bäume und Parkbänke. Am kommenden Freitag, dem 19. Dezember, wird hier auf dem Joachimstaler ein 27 Meter hoher Obelisk enthüllt, der auf einer Kugel steht, die einen Durchmesser von drei Metern hat. Der Obelisk wurde gestiftet von dem Bauunternehmer Grothe.

Wäschehaus Grünfeld und Kudamm-Eck

Diagonal gegenüber dem Kranzler war bereits 1926 ebenfalls eine sehr markante Filiale eröffnet worden, das Wäschehaus Grünfeld. Das Stammhaus befand sich in der Leipziger Straße – dort setzte man auf Tradition, hier am Kurfürstendamm auf Moderne mit einer gläsernen Schaufensterfront und einem gläsernen Fahrstuhl, beides damals absolute Neuheiten. Hier kaufte die Prominenz aus Film, Theater, Musik, aus der Kunst- und Modewelt und Touristen aus dem Ausland. Die Grünfelds wurden als Juden von den Nazis vertrieben. Ihr berühmtes Kaufhaus wurde arisiert und von Max Kühl übernommen, der es in der Nachkriegszeit am Kurfürstendamm Ecke Fasanenstraße weiterführte. Die Ruine des Wäschehauses Grünfeld wurde noch bis in die 60er Jahre als dreistöckiger Behelfsbau genutzt.

1969-72 entstand dann das Kudamm-Eck von Senatsbaudirektor Werner Düttmann. Es wurde bald nach Fertigstellung als überdimensionierter hässlicher Schandfleck empfunden. In dem verwinkelten Gebäude konnte sich kein Nutzer auf Dauer erfolgreich behaupten, und viele wünschten sich schon in den 80er Jahren einen möglichst baldigen Abriss. Dazu kam es schließlich 1998. In den folgenden drei Jahren bis 2001 bauten Gerkan, Mark und Partner aus Hamburg ein 10-geschossiges 45m hohes Geschäftshaus mit gestaffeltem runden Baukörper und niedrigerem wellenförmigen Sockelgeschoss. An der Fassade zur Joachimstaler Straße wurde eine 70 Quadratmeter große elektronische Video-Werbewand installiert. Außerdem wurde das Skulpturenensemble “Das Urteil des Paris” von dem bekannten Bildhauer Markus Lüpertz angebracht. In das neue runde Kudamm-Eck zog aus dem Nachbarhaus C&A und ein Hotel.

Auf dem Gelände des früheren C&A-Kaufhauses an der Ecke Joachimstaler und Augsburger Straße errichtet der Bauunternehme Hans Grothe ein 17stöckiges Hochhaus, in das unter anderem ein Hotel einziehen wird. Der bekannte Schauspieler Manfred Krug wollte den Hochhausbau verhindern, weil er befürchtet, dass seine Dachwohnung in der Rankestraße verschattet wird, aber er hatte keinen Erfolg. Das Haus wird etwa so hoch wie das gegenüberliegende Allianz-Hochhaus, das 1955 gebaut wurde.

Nr.14/15

Gedenktafel (1988 angebracht):

Hier befand sich von 1917 bis 1986
MAMPES GUTE STUBE
Lieblingslokal des Schriftstellers
JOSEPH ROTH
2.9.1894-27.5.1939
der hier im Jahre 1932 seinen Roman
Radetzkymarsch schrieb

Nr.231 Kaufhaus Wertheim

Die berühmten Bauten des Kaufhauses Wertheim in der Oranienburger und der Leipziger Straße, die am Ende des 19. Jahrhunderts von Alfred Messel erbaut worden waren, wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Neubauten entstanden an der Steglitzer Schloßstraße und am Kurfürstendamm: Hier 1971 von Werner Düttmann und Hans Soll in starkem Kontrast zur bestehenden Bebauung, 1983 wurde die Fassade mit einem vorgesetztem, fünfteiligem Bogenfenster durch Rucker & Co. modernisiert. 1991 wurde ein verglastes Geschoss durch Bassenge, Puhan-Schulz, Heinrich und Schreiber aufgesetzt.

Nr.12 Ehem. Gloriapalast

1894 bis 1896 baute Franz Schwechten als Teil des so genannten Romanischen Forums rund um die Gedächtniskirche das erste Romanische Haus mit dem Rolandsbrunnen auf der westlichen Seite der Gedächtniskirche zwischen Kurfürstendamm und Kantstraße. In dieses Haus wurde 1924/25 von Lessing und Bremer das Kino “Gloria-Palast” eingebaut: in neobraockem Stil mit heute unvorstellbarer Prachtentfaltung im ersten bis dritten Geschoss über den Restaurationsräumen des Café Trumpf im Innenhof des Gebäudes. Es gab sieben Treppenhäuser, drei Aufzüge, einen verspiegelten Wintergarten, Konversations- und Schreibzimmer, Wandelgänge mit Garderoben und Buffets, Kristalllüster, Marmorstufen, seidenbespannte Wände und einen Kinosaal für ca. 1200 Zuschauer. 1926 wurde der Gloria-Palast mit einer Pantomime von Frank Wedekind und Murnaus Molière-Verfilmung “Tartüff” vor geladenen Gästen eröffnet; Danach fanden hier die großen Uraufführungen in Anwesenheit der Leinwandstars statt, am 1. April 1930 die Uraufführung des ‘Blauen Engel’ mit Heinrich George und Marlene Dietrich. Das Kino wurde 1943 bei Bombenangriffen zerstört, die Ruine wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Das Grundstück wurde nicht mehr bebaut, sondern dem Breitscheidplatz zugeschlagen. Nach dem Krieg wurde 1953 daneben am Kurfürstendamm 12-13 der neue Gloria-Palastes in einem Neubau untergebracht. Dieses Kino wurde 1998 geschlossen. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Bekleidungsgeschäft.

Auch das Grundstück Kurfürstendamm 12 ist ein Beispiel für den schnellen Wechsel der Mieter und Einrichtungen. Hier wurde 1892/93 ein Wohnhaus gebaut. Im Erdgeschoss machte zunächst ein Kunstgärtner ein Blumengeschäft auf, später wechselten sich Cafés und Restaurants fast jährlich. Unter anderem gab es hier das “Englische Café”, das Weinhaus Kurfürst, das Bierrestaurant Siechen, die Pension Kurfürstenhof, das Deutsche Bierhaus und seit 1934 das Restaurant Burgkeller. 1907 wurde in den Zeitungen berichtet, dass in der Dachkammer ein Dienstmädchen in seiner Schlafstätte bei starkem Frost fast erfroren wäre. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Nr. 236 Marmorhaus

Dagegen ist das Kino Marmorhaus ein Beispiel für eine dauerhaft über lange Zeit am Kurfürstendamm erfolgreiche Einrichtung. Das Haus wurde 1912-13 nach den Plänen von Scheibner und Eisenberg unter der künstlerischen Bauleitung von Hugó Pál erbaut. Die Fassade wurde mit weißem schlesischem Marmor verkleidet, es erhielt ein hohes Walmdach. Stilistisch ist es der beginnenden Moderne zuzuordnen, im Inneren zeigte es Anklänge an den Expressionismus. Neben der Filmbühne Wien war es eines der ältesten Kinos Berlins. Die erste Vorstellung war am 18.03.1913. 1919 war hier die Welturaufführung von Robert Wieners “Das Kabinett des Dr. Caligari”. Noch am 22. Januar 1945 fand hier eine Premiere statt. Der Film hieß “Solistin Anna”. Den Zweiten Weltkrieg hatte das Gebäude weitgehend unbeschadet überstanden. Schon im Mai 1945 wurden hier wieder Filme gezeigt. In den 50er Jahren löste der Zoo-Palast das Marmorhaus als Premierenkino ab. Danach gab es mehrmalige Umbauten, 1974 wurden acht Schachtelkinos eingerichtet, die bei der aufwendigen Sanierung 1997 wieder entfernt wurden. Im Jahr 2001 wurde das zur UFA gehörende Traditionskinos geschlossen und setzte damit nach der Schließung des ‘Gloria’ 1998 und der ‘Filmbühne Wien’ 2000 das Sterben der Kinopaläste am Kurfürstendamm fort. Auch hier befindet sich heute ein Bekleidungsgeschäft.

Breitscheidplatz

Dieser Platz wurde 1889 als Gutenbergplatz angelegt. 1895 wurden die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und zwei Romanische Häuser gebaut. Der Platz erhielt jetzt den Namen der Frau des Kaiser: Auguste-Viktoria-Platz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er 1947 umbenannt nach Rudolf Breitscheid, dem ehemaligen SPD-Reichstagsabgeordneten und Gegner des Nationalsozialismus. Eine Gedenktafel erinnert an ihn:

RUDOLF BREITSCHEID
*1874 IN KÖLN 1944 IM KZ BUCHENWALD
1920 – 1933
SOZIALDEMOKRATISCHER REICHSTAGSABGEORDNETER
“DIE GESCHICHTE WIRD EINMAL EIN VERNICHTENDES URTEIL
NICHT NUR ÜBER DIEJENIGEN FÄLLEN, DIE UNRECHT GETAN
HABEN, SONDERN AUCH ÜBER DIE, DIE DEM UNRECHT STILL-
SCHWEIGEND ZUSAHEN.”

1956-60 wurde der Platz grundlegend umgebaut und der Kreisverkehr aufgegeben. In der Platzmitte wird die als Mahnmal gegen den Krieg gesicherte Turmruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche flankiert von den Neubauten Egon Eiermanns, die von 1959 bis 1963 errichtet wurden. Die östliche Begrenzung bildet das 1963 bis 1965 errichtete Hochhaus des Europa-Centers. 1977/78 entstand durch einen neuen Umbau und die Schließung der so genannten Schnalle, der Straßenverbindung zwischen Kurfürstendamm und Budapester Straße ein weitläufiger, zusammenhängender Fußgängerbereich. Bereits fünf Jahr später wurde der Platz von 1982 bis 1984 durch Ivan Krusnik und Oskar Reith völlig umgestaltet, unter anderem mit dem Weltkugelbrunnen (“Wasserklops”) aus rotem Granit mit Bronzefiguren von Joachim Schmettau. Eine abermalige Umgestaltung des Platzes durch das Landschaftsarchitekturbüro Heike Langenbach / Roman Ivancsics ist geplant: Durch die Schließung des Autotunnels im Zuge der Budapester Straße soll eine einheitliche Fläche geschaffen werden. Außerdem ist die Entfernung der Hochbeete geplant.

Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche

Mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wollte Kaiser Wilhelm II einen starken monarchischen Akzent setzen. Er ließ sie nach eigenen Vorstellungen auf dem nach der Kaiserin benannten Auguste-Victoria-Platz bauen. Einweihung war am 1. September 1895. Der 1. September war der Vorabend des Sedantages des Nationalfeiertages im Kaiserreich, der an die siegreiche Schlacht gegen Frankreich erinnerte. Alle Gebäude rund um die Kirche mussten wie diese ebenfalls im romanischen Stil gebaut werden. Der Platz bildete gemeinsam mit seiner Umgebung das so genannte Romanische Forum. Der Architekt Franz Schwechten musste zum Teil detaillierte Vorgaben des Kaisers beachten. Ursprünglich war die Kirche für den Wittenbergplatz geplant. Mit ihrem Namen wurde die Kirche Kaiser Wilhelm, dem Ersten gewidmet, dem Großvater von Wilhelm, dem Zweiten, aber selbstverständlich bezog der ehrgeizige Enkel und Bauherr den Namen auch gerne auf sich selbst. Konzipiert war die Kirche als spätromanische Zentralanlage in Form eines lateinischen Kreuzes. Die Errichtung dieses an eine Kaiserpfalz erinnernden sakralen Monumentalbaus diente weniger einem religiösen Bedürfnis als kaiserlich-staatlicher Repräsentation.

Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Lange Zeit war geplant, die Ruine komplett abzureißen und den Platz für den Straßenverkehr vollkommen zu öffnen. Den Stadtplanern war sie von Anfang an im Weg gewesen. Nach heftigen Protesten der Bevölkerung wurde die Ruine nach einem Teilabriss gesichert und als Mahnmal erhalten. Nach einem Wettbewerb entstanden von 1959 bis 63 die Neubauten von Egon Eiermann: Ein Sechseckiger Turm mit Trauungs- und Taufkapelle, der Hauptbau in Form eines Oktogons mit einer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus. Die Außenhaut besteht aus wabenförmigen Betonplatten und blauen Glasflächen. Diese stammen von Gabriel Loire aus Chartres. Im Foyer befindet sich eine übergemeindliche Einrichtung der Missionarischen Dienste der Evangelischen Kirche. Sie feiert morgen den 40. Jahrestag ihres Bestehens. Hier werden Kontakt- und Gesprächsmöglichkeiten für einsame Menschen angeboten, für Drogensüchtige, Obdachlose oder Menschen in einer Krisensituation.

Seit 1987 dient die Eingangshalle der alten Kirche mit Resten der reichen Mosaikarbeiten als Gedenkhalle; hier wurden das Nagelkreuz der Kathedrale von Coventry, ein Ikonenkreuz der Russisch-Orthodoxen Kirche und die beschädigte Christusfigur vom Altar der alten Kirche aufgestellt. Freitags wird in der Gedenkhalle das Versöhnungsgebet von Coventry gebetet. An der östlichen Außenwand des alten Turmes seit sind seit 1988 vier Sandsteinskulpturen von Stefan Kaehne angebracht.

Europa-Center

Bauherr des Europa-Centers war der kürzlich verstorbene Karl-Heinz Pepper. Hausherr ist jetzt sein Sohn Christian Pepper. Es wurde im Anschluss an den Neubau der Gedächtniskirche von 1963 bis 1965 von Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg unter künstlerischer und städtebaulicher Beratung von Werner Düttmann und Egon Eiermann als erstes wirkliches Hochhaus der Stadt erbaut. Es besteht aus einem 22geschossigen Hauptgebäude mit einer vorgehängten Stahl-Glas-Fassade und aus einem vorgelagerten drei- bis fünfgeschossigen Sockelbau, dem so genannten Eiermann-Bau. 1974 wurde die Eisbahn im Innenhof entfernt, und die ursprünglich offenen Innenhöfe wurden überdacht. Hier befindet sich heute ein terrassenförmig über einem Wasserspiel angelegtes Café. Bei einem Umbau 1982 wurde die (Wasser-)“Uhr der fließenden Zeit” des Pariser Physikers Bernard Gitton installiert. Im Europa-Center befindet sich unter anderem das Domizil des Kabaretts “Die Stachelschweine”. Auf dem Dach wurde ein 14m hoher drehbarer weithin leuchtender Mercedesstern montiert. An der Außenseite am Tauentzien wurde 1987 eine Licht-Stele von Heinz Mack aufgestellt.

Ehem. Romanisches Haus II

Das Europa-Center befindet sich am Standort des kriegszerstörten zweiten Romanischen Hauses mit dem legendären Romanischen Café. Das Romanische Haus wurde nach den Vorstellungen von Kaiser Wilhelm II und nach den Plänen von Franz Schwechten 1901 als Wohnhaus an der Ostseite des Auguste-Viktoria-Platzes zwischen Tauentzienstraße und Kurfürstendamm gebaut. Es war Teil des so genannten Romanischen Forums. Im Erdgeschoss machte zunächst die Konditorei des Hotels Kaiserhof auf, später entstand hier das berühmte Romanische Café. Es wurde in den 20er Jahren zum legendären Treffpunkt aller Film- und Theaterleute, Schriftsteller, Künstler und ihrer Mäzene aus der Finanzwelt und aus den großen Buch-, Kunst- und Zeitungsverlagen: Kurt Tucholsky, Joachim Ringelnatz, Ernst Rowohlt, Egon Erwin Kisch, Anita Berber, Otto Dix, Heinrich Zille, Asta Nielsen, Alfred Kerr, Billy Wilder, Gottfried Benn, Ernst Lubitsch, Fritz Lang, Elisabeth Bergner, George Grosz, Bert Brecht, Heinrich Mann, Carl Zuckmayer, Rudolf Nelson, Trude Hesterberg, Joseph Roth und und und. Es dürfte kaum einen prominenten Intellektuellen oder Künstler der Weimarer Republik gegeben haben, der hier nicht gesehen wurde. Über das “Romanische” wurden unzählige Erinnerungsbücher geschrieben, und jeder zählt seine persönlichen Stars auf, mit denen er hier zusammen saß.

Die schärfsten Kritiker des Kaiserreichs trafen sich hier, in einem Haus, das zusammen mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zu den pompösen Symbolen eben jener Epoche gehörte, die man kritisierte. Es war wohl wie eine gegenseitige Herausforderung.

Viele Berichterstatter staunten über den auffälligen Gegensatz zwischen dem legendären Ruf, den das Café hatte, und seinem eher unattraktiven Erscheinungsbild. Wie eine Bahnhofswartehalle wirkte der Raum: kalt und ohne Atmosphäre mit seinen hohen Wänden und den Marmortischen. Das Café lebte ganz von seinen berühmten Gästen.

Als einziges Gebäude des Romanischen Forums ist das Geschäfts- und Bürohaus Kaisereck an der Rankestraße erhalten geblieben. Dieses Haus wurde erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg 1913 15 von Emil Schaudt gebaut. Es verbindet Neoromanik mit sachlich-moderner Funktionalität und wurde erst vor kurzem renoviert.

Für den Breitscheidplatz gibt es eine Reihe von Neubauplanungen für die nächsten Jahre.

Das so genannte “Schimmelpfeng-Haus” mit dem Brückenbau über der Kantstraße soll abgerissen werden. An seiner Stelle will die Frankfurter Firma Casia Immobilien zwischen Kurfürstendamm und Kantstraße an der Kantstraße ein 119 Meter hohes gläsernes Hochhaus mit 33 Etagen bauen. Es wird das höchste Gebäude der City-West. Im Anschluss daran hier direkt am Breitscheidplatz und Kurfürstendamm ein 8stöckiges Bürohaus – ebenfalls mit einer Glas-Fassade. In den unteren Stockwerken beider Gebäude sollen Läden, Boutiquen, Einzelhandel, Gastronomie und Einrichtungen für Freizeit und Unterhaltung einziehen. Baubeginn ist für 2005 vorgesehen.

Auch an der Spitze zwischen Kantstraße und Hardenbergstraße, an dem so genannten Tortenstück gegenüber dem Zoopalast, will die Firma Casia bauen, und zwar ein dreieckiges, zum Breitscheidplatz spitz zulaufendes 37 Meter hohes Gebäude mit 9 Stockwerken. Hier soll die Fassade sandsteinfarben gestaltet werden, und auch hier ist der Baubeginn für 2005 geplant.

Das so genannt Zoofenster dahinter an der Joachimstaler Straße Ecke Hardenbergstraße, schräg gegenüber dem Bahnhof Zoo soll endlich auch bebaut werden, und zwar mit einem 118 Meter hohen Hochhaus mit 37 Etagen.

Der 230 Meter lange Autotunnel in der Budapester Straße soll geschlossen werden, um eine bessere Anbindung des Zoobogens und des so genannten Bikinihauses an den Breitscheidplatz an den Breitscheidplatz zu erreichen. Der Tunnel wird von der Bayerischen Immobilien AG in Verbindung mit der Sanierung und dem teilweisen Umbau dieser Häuser entlang der Budapester Straße bis 2006 geschlossen. Ob der Zoo-Palast stehen bleibt, ist noch nicht entschieden.

Der Senat gibt zu der Tunnelschließung einen Zuschuss von 500.000 Euro. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf wird neue Bänke und Papierkörbe auf dem Breitscheidplatz aufstellen und die Grünanlagen verändern, um den Platz übersichtlicher zu machen.

Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche war übrigens vor der Kriegszerstörung mit 113 Metern fast genau so hoch wie der geplante Wolkenkratzer. Heute misst sie nur noch 68 Meter. Die Pfarrerin Sylvia von Kekulé befürchtet, dass durch das Hochhaus der Kirchenneubau als architektonisches Kunstwerk beeinträchtig wird, weil zu diesem Kunstwerk die Sonne gehört, die je nach Tageszeit und Standort den Kirchenraum in einem anderen Licht erscheinen lässt. Das Hochhaus könnte wie ein Vorhang wirken, der dem Kunstwerk schadet.